Affenpocken: Superspreaderereignis auf Gran Canaria

2022-07-15 21:31:13 By : Ms. Rose wu

Madrid und Berlin – Die Ausbreitung der Affenpocken, an denen in den vergangenen Wochen vor allem Männer erkrankten, die Sex mit Männern haben (MSM), könnte im Mai durch eine Veranstaltung auf der Insel Gran Canaria gefördert worden sein, die auch Besucher aus Deutschland anzog.

Die meisten Infektionen dürften derzeit jedoch autochthon bei Männern erfolgen, die Sex mit Männern erfolgen, wie 2 Berichte in Eurosurveillance (2022; DOI: 10.2807/1560-7917.ES.2022.27.27.2200471 und DOI: 10.2807/1560-7917.ES.2022.27.27.2200499) vermuten lassen. Die Infektionen lassen sich häufig nicht zurückverfolgen, was die Eindämmung der Epidemie erschweren dürfte.

Die 1. Infektion war am 7. Mai in London bei einem Reiserückkehrer aus Nigeria aufgefallen. Er könnte das Virus aus dem westafrikanischen Land eingeschleppt haben, wo die Affen­pocken seit einigen Jahren ende­misch sind.

Der Indexpatient der derzeitigen Epidemie war er jedoch nicht. Die Untersuchungen der spanischen und deutschen Behörden weisen eher auf ein Superspreader-Ereignis auf Gran Canaria hin. Dort fand vom 5. bis 15. Mai die „Gay Pride Maspalomas“ statt, zum 1. Mal seit 3 Jahren, denn in 2020 und 2021 musste das Event pandemiebedingt abgesagt werden. Besucher der Veranstaltung waren später sowohl in Madrid (27 Patienten) als auch in Berlin und anderen deutschen Städten (15 Patienten) unter den Infizierten.

Der Anteil an den Infizierten (bis zum 22. Juni 508 in Madrid und 521 in Deutschland) war jedoch gering. In der spanischen Hauptstadt hatte es mit 34 Besuchern einer Sauna zudem ein 2. Superspreaderereignis ge­geben. In Spanien entfielen 99 % der Infektionen auf die Risikogruppe der MSM. Die Infizierten waren zwi­schen 16 und 67 Jahre alt (median 35 Jahre) und 84,1 % hatten kondomlosen Sex in den 3 Wochen vor Auf­treten der ersten Symptome angegeben.

Nach den Befragungen, die Jesús Íñigo Martínez vom spanischen Gesundheitsministerium in Madrid und Mitarbeiter durchführen ließen, haben sich die meisten Personen in Privatwoh­nungen infiziert.

Von den etwa 1.100 Sexualkontakten, die die Epidemiologen recherchieren konnten, entfielen 536 (48,7 %) auf unbekannte Sexualpartner, die sich nicht weiter zurückverfolgen lassen. Massenveranstaltungen hatten nur 14,4 % der Befragten besucht, dort kam es dann jedoch häufiger zu kondomlosem Sex mit wechselnden Partnern.

In Deutschland waren bis zum 22. Juni 521 laborbestätigte Fälle aufgetreten (bis zum 12. Juli ist die Zahl auf 1.636 gestiegen). Es handelt sich ausnahmslos um Männer im Alter von 20 bis 67 Jahren (median 38 Jahre), und in allen Fällen (in denen eine Klärung möglich war) erfolgte die Ansteckung durch Sexualkontakte mit anderen Männern.

Auffallend ist, dass in den ersten 3 Wochen (2. bis 22. Mai) die Hälfte der Infizierten ins Ausland gereist war, die meisten davon nach Spanien und dort nach Gran Canaria. Dies lässt vermuten, dass die Viren von dort eingeschleppt wurden. Allerdings gibt es bei den ersten beiden Infizierten in Berlin keine Hinweise auf eine Infektion im Ausland.

Regina Selb und Mitarbeiter vom Robert-Koch-Institut (RKI) gehen deshalb davon aus, dass das Virus schon einige Zeit in der MSM-Gemeinschaft der Stadt zirkulierte, als der Ausbruch bekannt wurde. Die meisten aktuellen Infektionen lassen sich auf eine Infektion in Berlin oder anderen Großstädten mit einer größeren MSM-Gemeinschaft zurückführen. Das Virus hat sich offenbar in der Szene festgesetzt.

Wenn es tatsächlich asymptomatische Erkrankungen gibt oder Patienten nur so leicht erkranken, dass sie keinen Arzt aufsuchen, wird sich die Epidemie nicht so leicht stoppen lassen. Die Behörden in Madrid und Berlin setzen derzeit auf eine gezielte Aufklärung in den Risikogruppen. Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut rät MSM zu einer Impfung mit dem Pockenimpfstoff Imvanex. © rme/aerzteblatt.de

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