Energiekrise: Stadt Starnberg sperrt Sauna zu und sagt Eiszauber ab

2022-09-02 21:25:52 By : Ms. Rose Zhao

Wie reagiert die Stadt Starnberg auf die Energiekrise? Der Ferienausschuss des Stadtrats hat am Donnerstagabend einstimmig einen Maßnahmenkatalog mit 23 Positionen beschlossen. Unter anderem wird die Sauna im Seebad vorübergehend geschlossen, die Weihnachtsbeleuchtung reduziert und der Eiszauber abgesagt.

Starnberg – Die Auswirkungen der durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ausgelösten Energiekrise werden auch im öffentlichen Leben Starnbergs deutlich werden. Um im bevorstehenden Herbst und Winter Energie einzusparen, hat der Ferienausschuss des Stadtrats am Donnerstagabend einstimmig einen 23 Punkte umfassenden Maßnahmenkatalog beschlossen, wobei nicht alle Positionen konkrete Einsparungen vorsehen. Die Liste beruhe auf „eigenen Ideen und Handreichungen des Deutschen Städtetages“, sagte Bürgermeister Patrick Janik in der Sitzung im Feuerwehrhaus in Söcking. Hinzu kommen aktuelle Gesetzesvorlagen des Bundes, etwa was die Raumtemperatur in Büros betrifft. Besonders auffällig in Starnberg dürften vier Punkte sein.

Vom kommenden Montag, 29. August, an wird die Badewassertemperatur im Hallenbad des Seebades um zwei Grad gesenkt auf dann 26 Grad (Schwimmerbecken) und 30 Grad (Lehrschwimmbecken und Kinderbereich). Darüber hinaus schließt der Saunabereich, und das komplett. Beide Maßnahmen sind zunächst auf rund fünf Wochen bis 4. Oktober befristet. Dann schließt das Seebad ohnehin bis 23. Oktober für die jährlichen Wartungsarbeiten. Die bis dahin gewonnenen Erkenntnisse über die Wirtschaftlichkeit des Betriebs will Bürgermeister Patrick Janik dann dem Stadtrat vorlegen.

Janik ließ bereits am Donnerstag durchblicken, dass er die Sauna auch über den Oktober hinaus schließen würde. „Eine kommunale Sauna ist aktuell etwas aus der Zeit gefallen und der Inbegriff von Luxus“, sagte er. Eine komplette Schließung des Badebetriebs kann er sich dagegen nur schwer vorstellen. „Wir leben an einem See, und jedes Kind, das schwimmen kann, ist ein Wert an sich.“ Ob es sinnvoll ist, die Wassertemperatur weiter abzusenken, ließen Stadträte und Verwaltung zunächst offen. Geschäftsleiter Ludwig Beck warnte allerdings, dass ab bestimmten Temperaturen keine Schwimmkurse mehr angeboten werden könnten. „Bei Kindern zählt jedes Grad“, sagte er.

Zudem könnten bei einer weiteren Temperatursenkung technische Probleme mit dem Blockheizkraftwerk (BHKW) auftreten. Es produziert nicht nur Wärme, sondern auch Strom, unter anderem auch für das benachbarte Landratsamt. Sinke der Wärmebedarf und arbeite das BHKW deswegen nicht mehr unter Volllast, bestehe die Gefahr, dass es sich gänzlich abschalte, hieß es in der Sitzungsvorlage. Folge: Statt selbstproduzierten Strom zu nutzen, müsste Energie teuer eingekauft werden. Im vergangenen Jahr hat das Seebad insgesamt 724 Megawattstunden Strom verbraucht – 598 Megawattstunden davon waren selbst produziert. Wie hoch das Einsparpotenzial durch die beschlossenen Maßnahmen ist, wollte WPS-Stadtrat Michael Landwehr wissen. Genau das solle der nun startende Probebetrieb ermitteln, antwortete Janik.

In diesem Jahr wird es in Starnberg nur eine abgespeckte Weihnachtsbeleuchtung geben – sowohl zeitlich als auch räumlich. So wird nur noch der Kirchplatz beleuchtet, und das auch nur während des Christkindlmarktes (24. November bis 4. Dezember). Hinzu kommen – auf Vorschlag von Ludwig Jägerhuber (CSU) – Heiligabend, die beiden Weihnachtsfeiertage, Silvester und Heilig Drei König. Wenn nur für den Kommerz, nicht aber an den kirchlichen Feiertagen beleuchtet werde, sei es „wirklich zappenduster“, sagte Jägerhuber.

Auf der Seepromenade, im Bucentaurpark, auf der Maximilianstraße, der Wittelsbacherstraße und der Hauptstraße, am Bahnhofplatz, an den Christbäumen in den Ortsteilen, am Kriegerdenkmal in Wangen und am Kalvarienberg in Perchting wird es heuer keine Weihnachtsbeleuchtung geben.

Bereits zum nächstmöglichen Zeitpunkt soll die Fassadenbeleuchtung des Schlosses, der Kirche St. Josef und des Kriegerdenkmals in Perchting abgeschaltet werden. Auch auf sämtliche temporäre Beleuchtungsaktionen, zum Beispiel am Kulturbahnhof, wird bis auf Weiteres verzichtet.

Im Jahr 2020 hat es den bislang letzten Starnberger Eiszauber gegeben. 2021 und 2022 machte die Pandemie dem Kufenvergnügen einen Strich durch die Rechnung, 2023 wird es die Energiekrise sein – wenn sich der Stadtrat in einer seiner nächsten Sitzungen nicht noch anders entscheiden sollte. Der Ferienausschuss sprach sich in einer Einzelabstimmung auf Antrag von Dr. Franz Sengl (Grüne) denkbar knapp mit 7:6 Stimmen dafür aus, den Eiszauber 2023 nicht durchzuführen. Es ist allerdings denkbar, dass aus Reihen der Stadträte ein Nachprüfungsantrag zu dieser Entscheidung kommt, über den dann die Vollversammlung zu entscheiden hätte.

Die Verwaltung hatte zuvor angeregt, statt eine richtige eine Kunststoff-Eisbahn anzumieten und den Eiszauber in das Frühjahr oder den Sommer 2023 zu verlegen. Patrick Janik wollte im Haupt- und Finanzausschuss im September darüber final beraten. Eine Kunststoffeisbahn hatte es in Starnberg zuletzt beim Familienfest zum Auftakt von „See and the City“ gegeben, auch der allererste Eiszauber im Jahr 2013 wurde auf Kunststoff zelebriert.

Im Ferienausschuss gab es dafür jedoch keine Mehrheit. „Richtiges Eis oder gar nichts“, betonte Dr. Thorsten Schüler (UWG). „Auf Kunststoff macht das gar keinen Spaß“, sagte Franz Heidinger (BLS) und sprach sich dafür aus, mit einer Absage auch „ein klares Zeichen“ zu setzen. „In dieser Zeit kann ein jeder das verstehen.“

Wie viel Strom der Eiszauber verbraucht, hängt stark von der Außentemperatur ab. Im Jahr 2019 mit dem heftigen Wintereinbruch im Januar waren es nach Angaben des Rathauses 5588 Kilowattstunden, im Jahr zuvor bei milden Januar-Temperaturen waren es 14 918 Kilowattstunden. Zum Vergleich: Ein Vier-Personen-Haushalt benötigt pro Jahr im Durchschnitt 4000 Kilowattstunden Strom.

Von der Anschaffung von automatischen Standby-Steckdosenleisten bis zur verstärkten Dokumentation und Kontrolle von Verbrauchswerten beschloss der Ausschuss noch 19 weitere Punkte. Dazu gehört auch, in allen städtischen Gebäuden die Warmwasserbereitung kurzfristig abzuschalten und langfristig zurückzubauen. Einzige Ausnahmen bilden Duschen sowie Großküchen und Mensen. Ein weitergehender Schritt wie in der Kreisstadt Erding, die auch in ihren Turnhallen das Warmwasser abdreht, ist in Starnberg bislang nicht geplant.

Ebenfalls kein Thema ist die temporäre Abschaltung von Ampelanlagen. Dieser Schritt wird „aufgrund der Verkehrssicherheit und der geringen Energieeinsparung“ zurückgestellt, hieß es in der Vorlage.

Die von Angelika Kammerl (CSU) geforderte sofortige Abschaltung der städtischen Brunnen fand keine Mehrheit. Die Brunnensaison neige sich ohnehin dem Ende zu, sagte Patrick Janik. Wie es im Jahr 2023 weitergeht, soll Anfang nächsten Jahres beraten werden.