Nidderau: Das Nidderbad zählt in 50 Jahren 6,3 Millionen Besucher

2022-07-01 21:31:11 By : Ms. Grace Yang

Mit einem dreitägigen Festprogramm wird der 50. Geburtstag des Nidderbads gefeiert, wobei aus Sicherheitsgründen am Freitag und Samstag der Badebetrieb ruht, am Sonntag aber die Wasserratten ihrem Hobby wieder frönen können.

Nidderau – In der 50-jährigen Geschichte der von Anfang an als Hallen- und Freibad angelegten Badeanstalt gab es mehrere Umbrüche, verwaltungstechnische und bauliche Veränderungen sowie einen Streitfall vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof. Im Zuge der Hessischen Gemeindereform war der damalige SPD-Landrat Martin Woythal eine der treibenden Kräfte zur Gründung von interkommunalen Schwimmbadzweckverbänden. Die Politik wollte der Bevölkerung ein neues Freizeitangebot bieten, und Schwimmen war damals sehr populär, vor allem, wenn man diesen Sport auch im Winter ausüben konnte.

So kam es nach etlichen Vorgesprächen und Sondierungen über die Teilnehmer des Zweckverbands Mittelpunktschwimmbad Landkreis Hanau-Nord 1969 zu dessen Gründung, an dem neben dem Landkreis Hanau die Gemeinden Schöneck, Hammersbach, Ostheim, Niederdorfelden, Roßdorf und die Stadt Nidderau (damals bestehend aus Windecken und Heldenbergen) beteiligt waren.

Als Standort einigte man sich auf ein Areal zwischen Windecken und Heldenbergen, nachdem auch das Gelände der Kaserne in Kilianstädten im Gespräch gewesen war. Nach nur 18 Monaten Bauzeit wurde schließlich am 28. Mai 1972 das 5,5 Millionen Mark teure kombinierte Hallen- und Freibad feierlich eröffnet. Dabei bemerkte Landrat Woythal, dass für ihn der Kreis Hanau nicht in Bruchköbel ende und ein Bau eingeweiht werden könne, von dem noch viele Bürger in der Vergangenheit als einer „Utopie“ gesprochen hätten. So berichtete es der „Nidderauer Anzeiger“ in der Ausgabe vom 2. Juni.

Der damalige Nidderauer Stadtrat Bernd Reuter eröffnete die Badesaison mit einem Kopfsprung, dem Anlass entsprechend gekleidet mit Frack und Zylinder, den die zahlreich erschienenen Bürger mit viel Applaus bedachten. Neben Reuter und Woythal waren bei der Einweihung auch die Bürgermeister Willi Salzmann (Nidderau) und Erwin Schmidt (Schöneck), Verbandsvorsitzender Kloss (1. Beigeordneter Schöneck) und der Vertreter der Gemeinde Ostheim, Förter, dabei.

Die Besucher erwartete eine Liegewiese mit Kinderspielplatz, ausgelegt auf 4000 Besucher, und ein Freibecken mit den Maßen 16,66 mal 50 Meter sowie in der Halle ein Becken (12 mal 25) und ein Lehrschwimmbecken (10 mal 12,50 Meter). Zudem gab es eine Sauna mit medizinischen Bädern und eine Cafeteria.

Zum Preis von einer Mark, Zehnerkarte neun Mark, sowie Schüler/Studenten 0,50 beziehungsweise 4,50 Mark, konnte man schwimmen gehen. „Gerade in unserer hektischen Zeit ist es notwendig, durch körperliche Betätigung, wie sie das Schwimmen ja darstellt, gegen die sogenannten ‚Wohlstandskrankheiten’ anzukämpfen“, hieß es in einer Mitteilung des Zweckverbands anlässlich der Eröffnung im „Stadtboten Nidderau“.

Das Bad, so Betriebsleiter Harald Rühl, der nach 42-jähriger Tätigkeit im Nidderbad im Herbst in den Ruhestand geht und das Nidderbad wie kein anderer kennt, wurde sehr gut angenommen. „Die Technik machte auch schon damals große Fortschritte und in der Saison 1986/87 wurde eine neue Filteranlage mit Wasseraufbereitung für den Freibad- und Hallenbadbereich eingebaut“, erinnert sich Rühl im Gespräch mit unserer Zeitung. Er fügte aber auch hinzu, dass gerade an Dokumente zur Zweckverbandsgründung und dessen Ende sehr schwer heranzukommen sei, weil diese im Archiv des Main-Kinzig-Kreises gelagert waren. Nach der Auflösung und dem Übergang in das Eigentum der Stadt Nidderau seien nicht alle Unterlagen in der Nidderstadt angekommen.

Anfang der 1990er Jahre gab es erste Auflösungserscheinungen, weil einige Mitgliedsgemeinden die aus dem laufenden Betrieb entstandenen, nach Einwohnerzahl berechneten Kosten nicht mehr mittragen wollten. Nach diversen Diskussionen endete der Streit vor dem Hessischen Verwaltungsgericht schließlich mit einem Vergleich, der vorsah, dass die weiter entfernten Gemeinde- oder Ortsteile pro Kopf weniger, die unmittelbar am Nidderbad liegenden Stadtteile von Nidderau mehr bezahlen mussten. Auch der Main-Kinzig-Kreis wollte die finanziellen Belastungen von 25 Prozent der Betriebskosten einsparen und so war das Ende des Zweckverbands eigentlich nur noch eine Frage der Zeit.

Als im Zuge dieser Verwerfungen im Bad ein Protestplakat gegen die drohende Schließung aufgehängt wurde, forderte der damalige Landrat Karl Eyerkaufer den Betriebsleiter Klaus Mack auf, dieses entfernen zu lassen. Dessen Antwort – unter SPD-Parteigenossen – war eindeutig: „Charlie, da musst du schon selbst kommen und es abhängen.“

Nachdem die neue Kostenverteilung zunächst akzeptiert war, brachte man das Nidderbad erneut auf den neuesten Stand der Technik. Mit dem Energieversorger OVAG wurde ein Vertrag über die energetische Sanierung abgeschlossen und im Jahr 1995 ein Blockheizkraftwerk eingebaut. In der Saison 1996/97 erhielt das Nidderbad mit der Riesenrutsche eine weitere Attraktion. Wegen signifikanter Wasserverluste im Freibadbereich wurden 2001/2002 neue Filter installiert und das Becken komplett mit Edelstahl ausgekleidet. Dasselbe Prozedere folgte 2006/2007 im Hallenbad und seinem Schwimmbecken. Ein Jahr später war der Saunabereich an der Reihe, der bis dahin verpachtet war und nach einer gründlichen Sanierung in Eigenregie des Bades wieder eröffnet wurde.

Im selben Jahr wurde ein Gutachter mit der Schätzung der anstehenden Sanierungskosten der Gebäude betraut und nach einer Einigung der verbliebenen Zweckverbandsmitglieder auf eine Abfindung löste sich dieser zum 31. Dezember 2008 auf, das Nidderbad ging vollständig in den Besitz der Stadt Nidderau über. Das Defizit von rund einer Million Euro im Jahr für den Betrieb des Bads sowie die Investitionen muss die Stadt seither allein tragen. Von 2010 bis 2012 dauerte die notwendige Grundsanierung von Technik und Kinderbecken. Der Hallenbereich wurde um einen Anbau erweitert, bei dem eine aufwändige Gründung notwendig war und die Arbeiten um Wochen verzögerte. Sämtliche Fenster wurden erneuert und der Umkleidetrakt des Freibads komplett abgerissen und neu gebaut.

„Das waren harte Zeiten für die Besucher und das Personal, denn wir versuchten den Badebetrieb so gut wie möglich auf einer Großbaustelle aufrecht zu erhalten. Während der Hallensanierung und -erweiterung diente zum Beispiel das Schwimmerbecken als Lagerraum für nahezu sämtliches Mobiliar, alle Gerätschaften und Betriebsmittel“, blickt Harald Rühl auf ereignisreiche Monate zurück. Im Jahr 2020 folgte dann die letzte größere Baumaßnahme mit einer neuen Außensauna samt Garten, während die Innensauna während der Corona-Schließzeit in Eigenleistung auf Vordermann gebracht wurde.

Nicht nur bei Badegästen ist das Nidderbad bei Besuchern aus der Stadt und der näheren Umgebung ein Fixpunkt, in der Vergangenheit organisierte die DLRG alle zwei Jahre eine große Beachparty, die sich stets über Zulauf nicht beklagen konnte. 2019 gastierten auf Einladung der Stadt Nidderau die Teilnehmer des Innenstadtwettbewerbs „Ab in die Mitte“ des Landes Hessen im Nidderbad und im selben Jahr organisierte der HLTC Landtauchclub Nidderau mit dem Maskottchen einer tauchenden Kuh einen erfolgreichen Weltrekordversuch im Unterwasser-Spinning.

Trotz der positiven Bilanz von rund 6,3 Millionen Besucher in den 50 Jahren Nidderbad blickt Harald Rühl nur gedämpft optimistisch in die Zukunft. „Es wird immer schwieriger, Nachwuchs zu finden, obwohl wir ein anerkannter Ausbildungsbetrieb mit mehreren angestellten Schwimmmeistern sind. Und die neueste Entwicklung bei den Energiekosten ist ebenfalls nicht gut für das Nidderbad, denn die Gäste sind an einen gewissen Standard, was die angenehme Wassertemperatur angeht, gewöhnt. Außerdem stehen nach 20 Jahren wieder einmal Sanierungs- und Ersatzarbeiten bei der Technik an sowie eine notwendige Modernisierung des Kassensystems“, blickt der scheidende Betriebsleiter in die Zukunft des Nidderbads mit seinen derzeit 18 Beschäftigten. (Von Thomas Seifert)

Der 50. Geburtstag des Nidderbads wird am ersten Juli-Wochenende mit drei Partys gefeiert. Los geht es am Freitag um 17 Uhr mit dem Fassbieranstich durch Schirmherr und Bürgermeister Andreas Bär. Es gibt 100 Liter Freibier sowie einen Auftritt der in der Region bekannten Band Helium 6. Am Samstag steht die Party unter dem Motto „Mallorca meets 90s“. Dabei gibt es ab 13 Uhr Liveacts auf der großen Nidderbad-Bühne. Schlager gibt es dann zum Abschluss beim Frühschoppen am Sonntag, wo Roy Hammer und die Pralinées ab 11 Uhr erwartet werden. An dem Tag gibt es auch ein Kinderprogramm. Mehr Infos und Tickets unter